Das Kamikatsu Zero Waste Center - ein Dorf räumt auf
Lesedauer: 8 Minuten
Von: Janina Braun
Das Kamikatsu Zero Waste Center WHY oder Wohin mit dem Müll? Wie ein japanisches Bergdorf ihre Recyclingquote mithilfe einer smarten Sammelstelle auf 80 Prozent steigert.
Das Bergdorf Kamikatsu liegt in Japan in der südlichen Region Shikoku. Seit über 20 Jahren praktiziert es mittlerweile abfallarme Wirtschaft und hat es geschafft die Recycle-Quote ihrer Abfälle auf 80 Prozent zu bringen. Was wir von ihnen lernen können, berichten wir hier.
Ein kleines Bergdorf ohne Müllabfuhr
Kurz zum Hintergrund: Japan ist weltweit der zweitgrößte Produzent von Plastikmüll. Strenge Hygieneregeln sorgen dafür, dass jedes Gemüse und Obst einzeln in Plastik verpackt verkauft werden muss. Die meisten Kunststoffverpackungen landen in der Müllverbrennungsanlage.
Nicht so ein Dorf: Kamikatsu ist ein kleines Bergdorf mit knapp 1.400 Einwohner:innen und hat wegen seiner Größe keine eigene Müllabfuhr. Jeder Einwohner und Einwohnerin ist verpflichtet den eigenen Abfall nicht nur zu sammeln, sondern auch zu trennen, zu reinigen und an der städtischen Abfallsammelstelle in Päckchen sortiert abzugeben.
Und um diese außerordentliche Sammelstelle geht es heute.
Es beginnt schon mit einem guten Namen: Kamikatsu Zero Waste Center / WHY. Im Jahr 2003 wurde Kamikatsu die erste Gemeinde in Japan, die eine Zero-Waste-Erklärung abgab, was bedeutet, dass alle von den Einwohnern produzierten Abfälle recycelt oder wiederverwendet werden, anstatt sie auf Deponien oder zur Verbrennung zu bringen.
Ein Fragezeichen als Grundriss
Das Dorf beauftragte das renommierte Tokioter Architekturbüro Hiroshi Nakamura & NAP ein umweltfreundliche Recycling-Anlage zu erbauen. Hiroshi Nakamura und sein Team verwendeten dafür ausschliesslich Materialien aus verlassenen Gebäuden, örtlichen Fabriken und den veralteten Teilen der Häuser der Bewohner. Große Teile des Gebäudes wurden aus gespendeten Fenstern, Holzresten, Plastikbehältern und anderen ausgedienten Gegenständen gebaut.
Das konzeptionelle Leitmotiv des Baus steht auch heute noch stolz auf der Website, es lautet: "Wir Verbraucher werden gefragt: WARUM kauft ihr es? WARUM werft ihr es weg? Wir Produzenten werden gefragt: WARUM produziert ihr es? WARUM verkauft ihr es?". Und diese großen Fragen der nachhaltigen Wirtschaft sollen sich nicht nur die Bewohner:innen fragen, sondern Nakamura wollte, dass sie sich alle Menschen weltweit fragen. Als weithin sichtbare Mahnung lies er das Gebäude als Fragezeichen bauen. Wohin nur mit all unserem Müll?
Wohin mit all dem Müll? - Hiroshi Nakamura & NAP
Als eine Antwort auf die große Frage unserer Zeit entwickelte er eine Sammelstelle, die so viele Funktionen verbindet, dass eine Recyclingquote von über 80 Prozent möglich ist. Die Anlage teilt sich in mehrere Bereiche auf: Zum einen die eigentliche Sammelstelle "Gomi Station", in die die Bevölkerung ihren Abfall an zwei Tagen der Woche vorbeibringen kann.
13 Arten von Verbundmaterial in 45 Kategorien
Und diese Sammelstelle hat es in sich. Während die Inuit möglicherweise 120 Worte für Schnee haben, hat Kamikatsu's Sammelstelle de facto 13 Arten von Rohstoffen, unterteilt in 45 Kategorien. Jeder Bewohner und jede Bewohnerin muss zuhause ein System entwickeln, diese Sortierung vorzuleisten. Aber keine Bange, vor Ort ist immer eine Recycling-Fachkraft, die beim Sortieren der Werkstoffe hilft.
Da kann unser deutscher gelber Sack sowas von einpacken. Die gesammelten Abfälle aus Kamikatsu werden so säuberlich und sortenrein getrennt, dass sie wieder als Rohstoff an die Industrie verkauft werden können. Die Erlöse fließen zurück in die Gemeinde. Jeder hat etwas vom Mitmachen.
Ein Shop mit Nützlichem und ein Hotel ohne Frühstück
Das Kamikatsu Zero Waste Center hat aber noch mehr zu bieten: Im Kurukuru-Shop kann man Dinge bringen, die jemand anders noch gebrauchen kann und man kann kostenlos alles Angebotene mit nach Hause nehmen. Es gibt ein Büro-Labor: Ein Raum, den Mieter, Unternehmen, Firmen und andere Gäste kostenlos nutzen können.
Dann noch eine Halle, die von jedem und jeder frei genutzt werden kann und schlussendlich das Hotel WHY. Es ist das kleinste Hotel im Ort. Ohne Restaurant oder Frühstück kannst du hier eine sehr entspannte Nacht im Holzhaus verbringen und gemütlich in die Natur gucken.
Falls ihr hautnah etwas über das japanische Kamikatsu Zero Waste Center erfahren wollt, könnt ihr entweder dort ein Praktikum machen oder als Hotelgast ein Zimmer buchen.
Warum interessiert uns das?
Wir bei Kreatur International versuchen kontinuierlich so viel Verpackung wie möglich zu reduzieren. Wir haben mit RePack einen Partner an Bord, der wiederverwendbare Versandverpackungen anbietet. Diese sind mit einem Selbstkostenpreis von 3 Euro teurer als unser Standard-Karton aus recyceltem Grasskarton, aber dafür wichtiger Teil unserer Kreislauf Ökonomie und ist bei unseren Kunden und Kundinnen schwer beliebt. Wenn ihr mehr unserer Kooperation mit Kreatur International x RePack erfahren wollt, bitte hier lang.
Gute Linkliste
- © Photo Credits: Kamikatsu Zero Waste Center & Alberto Buzzola
- Kamikatsu Zero Waste Center https://why-kamikatsu.jp/en/
- Hotelbuchungen https://www.chillnn.com/177bcc0b991336
- Praktikum Antragsformular in Google
- Architekten Hiroshi Nakamura & NAP
- ARD Weltspiegel „Die härteste Mülltrennung der Welt“ https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/Japan-haerteste-Muelltrennung-der-Welt-100.html
- Artikel : Kamikatsu: Japan’s Zero-Waste Town
- Artikel: Closed-Loop-Economy The Future of Commerce
- Artikel: Zero Waste Zero Waste Artikel bei Utopia